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  • 09.12.2019

  • Lesedauer: 5:00

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  • Energiewende

  • Gasnetz

Gas? Ja, weil es unverzichtbar ist

Was ist rausgekommen beim Dialogprozess "Gas 2030"? Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und verantwortlich für Energiepolitik, spricht über die zentralen Erkenntnisse.

Herr Feicht, wo sehen Sie die deutsche Gaswirtschaft im Jahr 2030?

Nach dem Energiekonzept der Bundesregierung von 2010/11 sind erneuerbarer Strom und Energieeffizienz die beiden zentralen Säulen der Energiewende. Heute ist klar: Gasförmigen Energieträgern, die zukünftig CO2-neutral werden müssen, kommt als Brückentechnologie eine wichtige Bedeutung zu. Sie sind für die Energiewende und das Erreichen der Klimaziele unverzichtbar. Nur zusammen mit gasförmigen Energieträgern können wir unsere Ziele "Bezahlbarkeit", "Versorgungssicherheit" und "Nachhaltigkeit" erreichen. 

Welchen Beitrag kann Gas leisten, damit Deutschland seine Klimaziele erreicht?

Wie gesagt, Erdgas hat eine entscheidende Brückenfunktion. Deshalb hat das Thema Diversifizierung der Bezugsquellen und -routen höchste Priorität. Durch den Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 und der Kohle bis 2038 wird Erdgas eine noch wichtigere Rolle unter anderem in der Stromerzeugung spielen. Im Gebäudesektor eröffnen etwa der Austausch alter Heizungen und der Umstieg von Öl auf moderne Gasheizungen wichtige Potenziale für den Klimaschutz. Mit Blick auf unsere ambitionierten klimapolitischen Ziele ist aber für Erdgas ohne CO2-Abscheidung im Energiesystem 2050 praktisch kein Raum mehr. Deshalb kommt gerade in der Industrie dem Umstieg auf CO2-neutrale bzw. -freie Gase eine entscheidende Bedeutung zu, also Wasserstoff und synthetisches Methan, aber auch Biogas und vor allem Biomethan und CCS. Ohne diese Gase wird eine weitgehende Dekarbonisierung nicht möglich sein.

Dialogprozess „Gas 2030“ abgeschlossen. Was sind die Ergebnisse?

Nach rund neunmonatiger Diskussion mit allen relevanten Interessenträgern haben sich folgende zentrale Erkenntnisse herauskristallisiert: 1.) Gasförmige Energieträger sind auch langfristig integraler Bestandteil des deutschen Energiesystems und für die Energieversorgungssicherheit unverzichtbar; 2.) Neben „grünem“ Wasserstoff braucht die deutsche Industrie u. a. auch dekarbonisierten („blauen“) Wasserstoff; 3.) Die Gaswirtschaft steht vor einem langfristigen Transformationsprozess; 4.) Deutschland bleibt auch in Zukunft ein großer Energieimporteur, allerdings von CO2-neutral bzw. CO2-frei erzeugten Energieträgern.

Welche Bedeutung hat das Ergebnispapier des Dialogprozesses? Kann es dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für Gas in Deutschland zu verbessern? Und welche weiteren Schritte sind jetzt geplant?

Unser Bericht zum Dialogprozess "Gas 2030“ trägt den Untertitel „Erste Bilanz". Wir stehen also nicht am Ende der Diskussion, sondern wollen den Weg mit den Stakeholdern gemeinsam weitergehen. Daher haben wir beschlossen, den erfolgreichen Dialogprozess mit spezifischen Arbeitsschwerpunkten fortzusetzen, um den Transformationsprozess zu begleiten und zu gestalten. Ein kurzfristiges Follow-up ist die Nationale Strategie Wasserstoff (NSW), die auf den Ergebnissen des Berichts zu "Gas 2030" aufbaut und noch in diesem Jahr von der Bundesregierung verabschiedet werden soll.

Wie kann der deutsche Gasmarkt für die Zukunft fit gemacht werden? Und welche politischen Rahmenbedingungen sind dafür notwendig?

Deutschland verfügt über eine hervorragend ausgebaute Gasinfrastruktur, dies ist ein volkswirtschaftliches Asset, auf das wir aufbauen können. Aber wir stehen auch vor einem Transformationsprozess der Gasinfrastruktur, wenn wir in Zukunft CO2-neutrale bzw. -freie gasförmige Energieträger transportieren müssen. Dabei stellen sich elementare Fragen, wie etwa die nach Potenzial und Bedarf für separate Wasserstoffleitungen, die Beimischung von Wasserstoff in das bestehende Erdgasnetz und die Anforderungen an die Gas verbrauchenden Anlagen, wenn etwa der Wasserstoffanteil im Gasnetz signifikant steigt. Im Rahmen der Fortführung des Dialogprozesses "Gas 2030" wollen wir den notwendigen regulatorischen Handlungsbedarf identifizieren. Das Thema "Gas" steht auch ganz hoch auf unserer Prioritätenliste für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr.

Welche Rolle messen Sie „grünen“ Gasen bei der Dekarbonisierung des Energiesystems bei?

Gase und insbesondere grüne Gase werden zunehmend wichtiger werden in den Bereichen, in denen eine Elektrifizierung nicht sinnvoll darstellbar ist, etwa beim Schiffs- oder Flugverkehr oder in bestimmten industriellen Prozessen. In der Industrie haben wir auch über die Energiebereitstellung hinaus stofflichen Bedarf an CO2-neutralen bzw. -freien Gasen, beispielsweise in der chemischen Industrie oder in der Stahlindustrie. Im Verkehrsbereich werden sich in bestimmten Bereichen möglicherweise Wasserstoff oder andere CO2-neutrale bzw. -freie Gase durchsetzen, beispielsweise bei Langstrecken oder dem Schwerlastverkehr. Das wird sich letztlich am Markt entscheiden.

Eine ähnliche Situation haben wir im Gebäudebereich. Auch wenn wir direkt-elektrische Lösungen wie Solarthermie und Wärmepumpen noch weiter vorantreiben, wird es Konstellationen geben, wo sich auch langfristig die Aufrechterhaltung der Gasversorgung oder ein Neuanschluss für Quartiere und Siedlungsräume aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen anbietet. Hierfür benötigen wir CO2-neutrales bzw. -freies Gas. Wichtig dabei ist Effizienz: Die Gebäude müssen einen hohen energetischen Standard aufweisen, Altbauten entsprechend hochwertig saniert sein. In der Stromerzeugung können CO2-neutrale bzw. -freie Gase einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Alles in allem gilt also: Ohne diese Gase wird eine weitgehende Dekarbonisierung des Energiesystems nicht möglich sein.

Investiert Deutschland ausreichend in die Erforschung und Entwicklung innovativer Gastechnologien wie beispielsweise Verfahren zur Herstellung von „grünem“ Gas und die Brennstoffzelle?

Wir sehen in diesem Thema in Deutschland eine sehr aktive Branche. Die Bundesregierung unterstützt diese mit einer gezielten Förderung. Dafür steht seit 2006 das "Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie" (NIP). In einer ersten Phase ging es vorrangig um Forschung. Die Unternehmen und die Ministerien haben dafür jeweils 700 Millionen Euro aufgebracht. In dem aktuellen Programm NIP2 (bis 2026) kommt der Markthochlauf hinzu. Dafür haben die Unternehmen zwei Milliarden Euro zugesagt, die die Bundesregierung mit 1,4 Milliarden Euro unterstützen wird. Ein weiterer Beitrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sind die "Reallabore der Energiewende", denen wir allein 100 Millionen Euro pro Jahr für große Demonstrationsprojekte mit systemrelevanter Bedeutung zur Verfügung stellen. Insgesamt bestehen günstige Voraussetzungen für Innovationen "Made in Germany".

Experten gehen davon aus, dass der deutsche Erdgasbedarf insbesondere aufgrund des Atom- und des geplanten Kohleausstiegs in den kommenden Jahren steigen wird. Wie plant die Bundesregierung diese Bedarfslücke zu decken? Und inwieweit kann der europäische Energiebinnenmarkt zur Bedarfsdeckung beitragen?

Deutschland ist bereits gut über Pipelines an niederländische, norwegische und russische Erdgaslagerstätten angebunden. Mit dem Bau der Nord Stream 2 wird die Anbindung an die neuen Lagerstätten in Russland weiter verbessert. Wir treten dafür ein, dass auch nach 2019 ein Gastransit in einem relevanten Umfang durch die Ukraine erfolgt. Zusätzlich zu den bestehenden Verbindungen an die LNG-Terminals in den Niederlanden, Belgien und Frankreich planen Unternehmen den Bau von LNG-Terminals auch in Deutschland. Damit ist Deutschland gut aufgestellt, um seinen notwendigen Erdgasbedarf auch in Zukunft zu decken. Der europäische Binnenmarkt wird wegen des Rückgangs der Erdgasförderung innerhalb der EU mengenmäßig nur begrenzt zur Bedarfsdeckung beitragen können, er bietet aber durch die vorhandene gute Infrastruktur die Möglichkeit, importiertes Erdgas innerhalb der EU besser zu transportieren und zu verteilen. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass in den nächsten Jahren ein wachsender Anteil an CO2-neutralen bzw. -freien Gasen zur Verfügung stehen wird.
 

Welche Rolle spielt die Versorgungssicherheit in Europa für die Bundesregierung bei der Förderung von Gasinfrastrukturprojekten?

Die Versorgungssicherheit in Europa und insbesondere für den Industriestandort Deutschland spielt für uns eine zentrale Rolle. Wir brauchen in Europa eine Infrastruktur, die ausreichend Möglichkeiten für alternative Versorgungswege innerhalb der Europäischen Union bietet. Deshalb unterstützen wir zum Beispiel auch die Vorhaben von gemeinsamem Interesse (PCI) im Gasbereich. Für den Ausbau der Gasinfrastruktur in Deutschland sieht die Bundesregierung aber die Unternehmen in der Pflicht. Wir fördern keine Gasinfrastrukturprojekte, der Ausbau des Netzes erfolgt vielmehr im Rahmen des Netzentwicklungsplanes Gas.

Welche Exportchancen sehen Sie für Gastechnologien "Made in Germany"?

CO2-neutrale bzw. -freie Gase sind unverzichtbar für eine erfolgreiche Dekarbonisierung vieler Volkswirtschaften. Daher hat neben der klimapolitischen auch die industriepolitische Dimension des beschriebenen Transformationsprozesses für uns allergrößte Bedeutung. Technologisch sind wir gut aufgestellt (z. B. bei Elektrolyse und Brennstoffzelle), aber der Blick etwa nach China und Japan zeigt, dass unsere Wettbewerber nicht schlafen. Die oben genannten Reallabore sind ein wichtiger Ansatz, um unser Knowhow zu festigen und auszubauen. Wir werden vorhandene – z. B. die bilateralen Energiepartnerschaften und -dialoge des Bundeswirtschaftsministeriums – wie auch neue Instrumente der internationalen Kooperation nutzen, um die Marktchancen für deutsche Technologieanbieter konsequent zu verbessern.


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